Sabbatical mit Elefanten

Sabbatical in Afrika: Elefantenherde im Enonkishu Concervancy

Sabbatical in Afrika – Auftanken und Natur verstehen: So müssen Arbeitgeber „Work-Life-Balance“ unterstützen! Dass ich bei ORBIS People einen Sabbatical einlegen konnte, obwohl es zu dem Zeitpunkt noch keine offizielle Sabbatical-Policy gab, war für mich super:

  • es erlaubte mir, aufzutanken, zu einem Zeitpunkt, als es wirklich nötig war und
  • veränderte mein Leben und mein Verhältnis zur Natur spürbar zum positiven.

Warum ich meine Komfortzone verlassen und ein „völlig nutzloses“ Training in Kenia absolviert habe

Leute, ich habe hier echt interessanten Kot gefunden!

Hand mit Tierkot
Von welchem Tier stammt das? Antwortet in den Kommentaren 🙂

Das ist einer der Sätze, von denen ich bis vor kurzem nie gedacht hätte, dass ich sie sagen würde. Aber an diesem Oktobermorgen kurz nach Sonnenaufgang war es eine ganz normale Zeile wie z.B.

  • Wo zum Teufel ist die Straße geblieben?“ oder
  • Hat da eine Emerald Spotted Wood Dove gerufen oder ein Burchell’s Coucal?

Ich schätze, an diesem Punkt denken die meisten von euch Lesern „er ist verrückt geworden!“, außer einer winzigen Minderheit, die „ah – Field Guide Training“ denkt. Na, ihr habt beide recht 😉

Aber gehen wir ein paar Jahre zurück, um herauszufinden, warum eine notorische Nachteule, Langschläfer und Techniksüchtiger wie ich zwei Monate in einer einfachen Unterkunft im Busch verbrachte, um seine Tage um 5 Uhr morgens mit einer kalten Dusche zu beginnen und kurz nach 21 Uhr im Bett zu sein.

Ich brauchte eine Pause und ich wollte von der Natur lernen

Nach 25 Jahren als HR-Software Consultant und einigen besonders stressigen Phasen in den letzten Jahren hatte ich das Gefühl, dass ich eine Pause brauchte. Nicht nur von der Arbeit, sondern auch vom modernen Stadtleben. Vor 10 Jahren hätte ich mich vielleicht für einen Wanderurlaub in Skandinavien entschieden. Aber seit 2017 habe ich mehrere Kurzreisen nach Afrika unternommen und mich in das tiefgreifende Naturerlebnis sowie die vielfältige Kultur verliebt.

Natur verstehen und schützen lernen

Sabbatical in Afrika: Feuerstelle mit Blick über die Savanne in der Massai Mara
Was für ein Abend!

Die Idee, ein paar Monate im Busch, abseits von Lärm und Menschenmassen zu verbringen, reizte mich immer mehr. Aber warum Kenia und nicht, sagen wir, Kanada oder Australien? Ich kann es nicht sagen. Einen Fuß auf den Boden der afrikanischen Savanne zu setzen, scheint meine Seele mehr zu berühren als ich es irgendwo sonst erlebt habe.

Trotzdem: nur „da zu sein“ würde nicht reichen. Ich wollte die Natur besser verstehen lernen: wie schützen wir Ökosysteme, Biodiversität und lokale Gemeinschaften? Und was kann die Natur uns lehren? Außerdem wollte ich dieses Wissen und meine Leidenschaft einsetzen, um den Naturschutz zu fördern. Als ich dann feststellte, dass es 8-wöchige Trainingskurse von EcoTraining „Field Guide and Nature Training“ gibt, um die FGASA Apprentice Field Guide-Qualifikation zu erlangen, war ich dabei.

Safari-Guide Ausbildung in Kenia

Mein Sabbatical in Afrika: Ich auf einem Balanite Baum ("Dessert Date")
Etwas albernes zu tun gehört zur Stellenbeschreibung 😉

Glücklicherweise hat die ORBIS People meine Sabbatical-Pläne unterstützt. So kam ich Anfang September 2022 im Mara Training Center im Enonkishu Conservancy an. Dort traf ich meine 8 Kurskamerad*innen aus Kenia, Großbritannien, den USA, Australien, der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland sowie unseren südafrikanischen Lehrer Wesley Cragg und das Abenteuer konnte beginnen. Und es war ein Abenteuer! Das Camp war super schön gelegen und Sicherheit war auch immer wichtig, aber dies war nicht die Safari im Luxusstil, die man im Reisebüro buchen würde. Diese Nähe zur Natur hat meine Komfortzone sicherlich neu definiert.

Ziel der Ausbildung war die Eingangsstufe zum fahrzeuggestützten Field Guide („Safari-Guide“). So lernten wir, dafür zu sorgen, dass Gäste Spaß haben und gleichzeitig etwas über das Ökosystem lernen. Schließlich sollen sie nicht nur mit phantastischen Erinnerungen nach Hause gehen, sondern idealerweise auch als Fürsprecher des Natur- und Artenschutzes. Und dabei müssen wir natürlich die Prinzipien des ethischen Tourismus beachten, die die Sicherheit der Gäste, das Wohlbefinden der Tiere und die Integrität des Ökosystems sicherstellen wie auch Respekt gegenüber der lokale Bevölkerung zeigen.

Das Lernpensum rund um Natur und Naturschutz war anfangs überwältigend

Halswirbelknochen eine Giraffe
Puzzlespiel am Tatort: das Opfer ist klar.

Es gab verdammt viel zu lernen:

  • Gästeerlebnis
  • Tierverhalten
  • Vogel-, Frosch- und Säugetierrufe
  • Allrad-Fahren
  • Ökologie
  • Geologie
  • Taxonomie und Tieridentifikation (einschließlich Arthropoden und Reptilien)
  • Spurenlesen (da kommt der „interessante Kot“ ins Spiel)
  • Menschheitsgeschichte
  • Naturschutzmanagement, etc..

Am Ende funktionierte es sogar, aber am Anfang fühlte es sich überwältigend an. Wie sollte ich jemals in der Lage sein, Dutzende von Vögeln per Ruf oder Bild zu erkennen? Alles, was ich am Anfang sicher identifizieren konnte, war ein Strauß.

Was das alles mit HR Informationssystemen zu tun hat? Nichts! 😀 Zumindest auf den ersten Blick könnte man sagen, dass es für meine Karriere nutzlos war, aber ich bin mir sicher: das war es nicht!

Was war das für eine Erfahrung?

Gähnende Löwin in Dämmerung
Schlaf gut heute Nacht – diese Löwin wird dich finden 😉

Es war unglaublich, unbeschreiblich!

  • das tiefe Eintauchen in die natürliche Umgebung
  • die Begegnungen mit Wildtieren: die Geburt einer Giraffe zu erleben, war nur einer von mehreren Dutzend magischen Momenten
  • der Teamgeist
  • die fantastischen Menschen, die wir getroffen haben
  • ein Ökosystem und seine Tierwelt wirklich gut kennen zu lernen

Alle, die mich seitdem getroffen haben, wissen, dass ich kein Ende finden kann, wenn ich von meiner Zeit in der Maasai Mara zu erzählen…

Was habe ich mitgenommen aus meinem Sabbatical in Afrika?

Mein Sabbatical in Afrika: Blick auf einen Elefanten
Hallo, junger Bulle!
  • Zunächst einmal bin ich am ersten Tag nach dem Kurs zurück in Nairobi morgens aufgewacht und habe festgestellt, dass es mir seit Jahren nicht mehr so gut gegangen ist. Physisch wie auch mental. Mein ursprüngliches Ziel ist also erreicht.
  • Es war interessant, Dinge zu lernen, die so anders waren als das, was ich in den letzten 30 Jahren lernen musste. In gewisser Weise musste ich lernen, wie man lernt. Diese Dehnübung der von Natur aus faulen grauen Substanz fühlte sich wirklich gut an.
  • Eine bessere Perspektive. In der Natur ist alles, was wir beobachten, nie weit von der grundlegenden Frage des Überlebens entfernt. Die Antilope, die morgens „zur Arbeit geht“, weiß, dass sie genug Gras fressen muss, um ihr Lamm am Leben zu erhalten, ohne selbst zum Frühstück eines Raubtiers zu werden.
  • Eine neue Wertschätzung der Natur und des Einfallsreichtums der Evolution, um so viele verschiedene Überlebensstrategien hervorzubringen. M.E: ein echter Kreativitäts-Booster.
  • Eine realistischere Risiko-Wahrnehmung. Für den Busch-Neuling erscheinen viele Dinge, die man nach ein paar Wochen ganz natürlich tut, beängstigend. Aber man lernt, dass es zwar Risiken gibt, die meisten aber irrelevant klein werden, wenn man ein paar Grundregeln beachtet. Es ist wie bei Fußgängern in einer Stadt. Theoretisch könnte jeder Fahrer, der an uns vorbeifährt, nach rechts schwenken und uns auf dem Bürgersteig überfahren, aber wir flippen nicht darüber aus. Wir akzeptieren, dass das Risiko minimal ist, wenn wir beim Überqueren einer Straße einige Regeln befolgen. Aber es ist viel wahrscheinlicher, dass wir wegen ähnlicher Risiken ausflippen, wenn wir nicht an sie gewöhnt sind – z.B. Nachts zur Toilette zu gehen, wenn einem Hyänen oder Flusspferde begegnen.
  • Eine neue Verbindung mit der Natur. Wer hätte gedacht, dass flach im Gras unter einer Akazie zu liegen das Äquivalent zum kabellosen Laden eines Handy’s sein kann? (Tipp: Sucht zuerst nach Ameisen und je nachdem, wo ihr seid, stellt sicher, dass einer aus der Gruppe aufrecht steht, um nach größeren Tieren zu Ausschau zu halten.)
  • Die Fähigkeit, Dinge zu genießen, die ich zu genießen verlernt hatte. Darunter auch nicht ganz altersgemäßer Blödsinn. Wer hat Lust, auf einen Baum zu klettern oder einen Giraffenkot-Weitspuck-Wettbewerb zu veranstalten (ich wurde Zweiter)?
  • Ein viel besseres Wissen über Natur, Naturschutz, Nachhaltigkeit und gesellschaftliches Engagement
  • Und last but not least: Ich habe die Zeit sehr genossen, nicht zuletzt, weil ich viele neue Freunde gefunden habe!
Sabbatical in Afrika: gemeinsam Auftanken und die Natur verstehen - unsere etwas verrückte aber glückliche Gruppe
Etwas verrückt, aber super happy 🙂

Fazit: Sehr empfehlenswert!

Das ist definitiv eine Menge für 2 Monate!

Würde ich Dir empfehlen, das auch zu machen? Nun, es ist wahrscheinlich nicht jedermanns Sache, aber wenn Du die Natur genießt, gerne neue Dinge lernst und bereit bist, Deine Komfortzone ein wenig zu erweitern: ja, unbedingt! Ich würde es auf jeden Fall wieder tun. Wenn Du über diese Art von Kurs oder ein anderes besonderes Natur-Erlebnis in Kenia nachdenkst, melde Dich gerne bei mir für Ratschläge und Kontakte.

Was würde ich anders machen? Nur eine Sache: Ich würde auf die Leute hören, die mir sagen, ich solle eine zweiwöchige Abkühlphase einplanen, bevor ich wieder an die Arbeit gehe. Eine Woche in Kenia und eine Woche zu Hause. Es gibt so viel zu verdauen und es braucht Zeit, sich wieder an enge Büros und laute Städte zu gewöhnen.

Was jetzt, nach meinem Sabbatical in Afrika?

Nun, derzeit habe ich keine konkreten Pläne für einen beruflichen Wechsel in den Ökotourismus. Sicherlich fällt da vielen Freunden ein Stein vom Herzen. Sie müssen ihr Leben in ihrem nächsten Afrika-Urlaub nicht in meine Hände legen 🙂 Obwohl die eine oder andere privat geführte Tour natürlich denkbar wäre…

Ich plane jedenfalls, den sogenannten „Trails Guide“ Kurs als nächsten Schritt hinzuzufügen. Dabei geht es nicht um das Führen von Gästen aus einem Fahrzeug heraus, sondern darum, sichere Wanderungen „in Gebieten mit potenziell gefährlichem Wild“ durchzuführen. Ich liebe es, im Busch zu wandern. Die Vorstellung, einen ganzen Monat lang jeden Tag in ursprünglicher Natur unterwegs zu sein, klingt himmlisch. Ansonsten werde ich sicher öfter in Afrika sein und wir schmieden bereits Pläne, uns als Gruppe wieder zu treffen.

Sabbatical in Afrika: unsere Gruppe sitzt am Mara Fluss und beobachtet Flusspferde
Einer unserer Lieblingsplätze am Mara-Fluss – fast auf Augenhöhe mit Hippos und Crocs

Etwas zurückgeben an Naturschutz und Afrika!

Giraffe mit Neugeborenem, ein absoluter Höhepunkt meines Sabbaticals in Afrika
Eine 45-Minuten alte Giraffe

Aber es ist mir auch sehr wichtig, etwas zurückzugeben. Dazu plane ich zum Beispiel einige Veranstaltungen, um wichtige Botschaften zum Naturschutz zu verbreiten und Spenden für Wohltätigkeitsorganisationen zu sammeln, die die Ökosysteme und lokalen Gemeinschaften in den mir bekannten Gebieten unterstützen (Wenn Dich ein Webinar über meinen Kenia-Aufenthalt interessiert, dann melde Dich schon mal und wir informieren Dich, wenn es so weit ist). Vielleicht gibt es auch die eine oder andere Reisegruppe, die einen deutschsprachigen Extra-Guide für Kenia sucht, der statt Bezahlung, nur um eine Spende für den guten Zweck bittet 🙂

Insbesondere das Naturschutzgebiet Enonkishu ist ein Modellprojekt, das zeigt, wie Naturschutz und lokale Gemeinschaften gemeinsam gewinnen und gleichzeitig beim Kampf gegen den Klimawandel helfen können. Ich habe gelernt, dass die traditionelle Rinderzucht und die Safari-Industrie eher natürliche Freunde als Feinde sind, und ich suche nach Möglichkeiten, dieses und ähnliche Projekte zu unterstützen.

Und ein winziger Schritt in diese Richtung ist, sich auch an Euch Leser zu wenden und zu bitten, Euer Herz zu öffnen und ein paar Münzen zu finden, um eines meiner beiden Lieblingsprojekte in Kenia zu unterstützen. Der aktuelle Anstieg der Lebenshaltungskosten und die Energie- und Nahrungsmittelkrise treffen die verwundbaren Gemeinschaften und Ökosysteme in Afrika besonders hart:

  • Osiligi Charity Projects betreiben eine lokale Schule im Süden Kenias, um benachteiligten Kindern eine solide Bildung zu garantieren, und sie betreiben auch ein Projekt für sauberes Wasser in der Region. Ich bin selbst ein regelmäßiger Sponsor und nach der jüngsten Dürre und den Lebensmittelpreisen habe ich zu ihrem Krisenfonds beigetragen. Ob Du also nur ein paar Münzen spenden möchtest, um ihnen durch die aktuelle Krise zu helfen, oder ein Kind mit einem jährlichen Betrag von 240 GBP ( ca. 275 EUR) sponsern möchtest, klicke hier, um mehr zu erfahren, oder hier, um aus einem beliebigen Land per Paypal oder Kreditkarte zu spenden.
  • Das Mara Predator Conservation Program kombiniert Forschung, Naturschutzmanagement und gesellschaftliches Engagement. Es geht nicht nur darum, Großkatzen zu retten. Es geht darum, die Biodiversität im Ökosystem mit und durch diese zu fördern und sicherzustellen, dass lokale Gemeinschaften davon profitieren können. Klicke hier, um mehr zu erfahren und hier, um zu spenden.
    Beachte bitte, dass Online-Spenden über den Kenya Wildlife Trust laufen und Du angeben kannst, dass Deine Spende an Mara Predator Conservation gehen soll. Du kannst „save Online-Donation“ über Pesapal nutzen, ohne ein Pesapal-Konto einzurichten, indem Du Kreditkartenzahlung auswählst – der erfasste Betrag ist in USD.
Gepardin mit Nachwuchs
Kisaru, eine sehr erfolgreiche Gepardenmutter und Bewohnerin von Enonkishu

Vielen Dank!

Kontakt und Fragen gerne direkt an sven-ringling@orbis-people.de

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